Gar nicht affig

Ich finde hierzulande Restaurantnamen, die à l’américaine mit „s“ enden, ob mit oder ohne Deppenapostroph, eigentlich affig. Ausgerechnet in einem Lokal namens „Marks“ habe ich mir zeigen lassen, dass es sich lohnt, in Wien hin und wieder gastronomisch etwas Neues zu probieren, ohne dafür finanziell bluten zu müssen. Zum Beispiel „Israeli Hamshuka“: Zartes Faschiertes in einem Bett aus feinstem Hummus Tahina, dazu ein aromatisches (leider viel zu kleines) Pitabrot mit Kräutern sowie Salat aus fein gehobeltem Rettich. Das hausgemachte Ingwerwasser aus leicht kohlesäurehaltigem Mineral mit Gurkenblättchen war genau am richtigen Punkt zwischen mild und prickelnd, kalt und temperiert, fruchtig und dezent. Es wird wohl Soda Zitrone als mein selbstgemachtes Lieblingsgetränk ablösen.

Bei Pfifferlingen hört der Spaß auf!

Als ich vor einiger Zeit mit einer Wiener Freundin auf einer Almhütte in Südtirol Rast machte und der Kellner sie fragte, ob sie Sahne zum Kuchen haben wollte, antwortete sie pikiert: „Nein – und wenn schon, dann an‘ Schlag“. Der Kellner, der mit hegemonialen Attitüden österreichischer Touristen umzugehen verstand, erwiderte schmunzelnd, auch das könne sie gern haben; es sei allerdings das, was er von seiner Frau bekomme, wenn er abends zu spät nach Hause komme.

pfifferlingeEs ist auch das, was einer in Wien aufs Maul kriegt, wenn er den Cantharellus cibarius „Pfifferling“ nennt. Der geborene und niemals seinem imperialen Sprachmief entstiegene Ostösterreicher fühlt sich nämlich durch jede Abweichung von seiner eigenen Sprachverwendung in seiner labilen, weil auf Marmelade und Topfen schwimmenden Identität bedroht. Dass man seine „Eierschwammerl“ in Südtirol nicht kennt, glaubt er einem nicht – schließlich hat er das Land, das vor 100 Jahren „ihm“ gehört hat, auf der Fahrt nach Liknano oder Tschaorle schon einmal durchs Autofenster gesehen.

Willibecher

bienewilliWissen Sie, was ein Willibecher ist? Ich wusste es nicht, und es hat langer Suche im Netz bedurft, bis ich wusste, wie das Ding heißt, das ich will. Man bekommt es nämlich nirgends. Fast nirgends. Bei keinem Lutz mit vielen X und auch bei keinem Leiner. Weil es da nur Überkandideltes gibt: Pilstulpen etwa. Oder Schlauchgläser, aus denen das Bier nicht schmeckt und in die beim Abspülen die Hand nicht reinpasst. Ein Willibecher hingegen ist ein sogenanntes „deutsches Standardglas“. Also das ganz hundsnormale 0,5-Liter-Bierglas. Wieder was gelernt. Nur, dass man es nicht mehr kriegt. Ein Jammer. Doch ich sagte vorhin „fast“! Es gibt sie nämlich noch, die „alten“ Haushaltswarengeschäfte in Wien, etwa den Neumeister in der Hütteldorfer Straße oder den Sladek in der Reschgasse, die auch die „alten“ Biergläser noch haben. Ich war gestern zum ersten Mal beim Sladek. Und sage zur alten Frau Sladek voller Ehrfurcht: „Ich glaube, bei Ihnen gibt es wohl alles.“ Sie nickt und meint, ja, was Küchensachen angeht … Und erzählt mir freundlich mit vor Rührung feuchten Augen, wie unvergleichlich Gulasch aus einem „Le Creuset“-Topf schmeckt. Vielleicht leiste ich mir mal irgendwann so ein Ding.

In Italien essen gehen

fertigreisItalien bedeutet nicht automatisch gutes Essen, obwohl diese Vorstellung in meinem Südtiroler Kopf immer noch herumspukt. (Auf Frankreich, wo ein Sandwich aus dem Bahnhofsbistro besser schmecken kann als das Essen in vielen Wiener Restaurants, trifft so eine Aussage wohl eher zu.) In Verona habe ich einmal das Mittagessen vergessen („saltato il pranzo“) und musste um 17.00 Uhr aus Ohnmachtsgefahrgründen unbedingt ein Lokal finden. Offen hatten natürlich nur miese kleine Touristen-Fallen wie das Caffè le F., wo ich für einen geschmackfreien (sicher Fertig-)Schwammlreis (ich weigere mich hier, die italienische Bezeichnung zu verwenden, das hat er nicht verdient) und einen langweilig hingefetzten Salat mit schlechtem Käse knapp 20,- EUR bezahlt habe. Nachher war mir fast übel, aber ich hab’s als lehrreiche Erfahrung gebucht, meinen Essensrhythmus in Italien an den der Italiener anzupassen und dafür zwischendurch lieber mal ein paar Yogurts zu löffeln. (Und ja, man mag mir Blauäugigkeit, gar Dummheit vorwerfen, aber wenn der leere Magen stärker ist als die Vernunft, macht man schon mal Sachen …)

Die perfekte Pasta

bigoli

Foto: Il Cucchiaio d’Argento

Als ich zum ersten Mal daran dachte, bloggen zu wollen, stellte ich mir vor, ganz viel übers Essen zu schreiben. Doch dann kam da einfach lange Zeit nichts, was die Mühe wert gewesen wäre. Mein Besuch in der Antica Osteria „Al Duomo“ in Verona bildet nun den begeisterten Auftakt. Bei dem Foto links handelt es sich um Bigoli, eine Art superdicker, rauher Spaghetti aus Weichweizen, mit deren Oberfläche der Sugo perfekt amalgamiert. Ihre Biss-Konsistenz lässt glatt vergessen, dass sie nicht aus Hartweizengries gemacht sind. Dazu ein Ragù di musso: Eselfleisch-Bolognese mit einem Hauch von Rosmarin und Rotwein!Salame di cioccolato (Die Sfilacci di cavallo – gepökeltes, geräuchertes und getrocknetes Pferdefleisch, das in seine Fasern zerlegt wird und wie Safran aussieht – schmeckten dafür recht langweilig, aber ich schätze, die gehören so.) Zum Abschluss ein angenehm wenig süßer, aber sehr kakaoiger Salame di cioccolato (Bild rechts). Dazu ein würziges Glas Prearin Rosso Veronese IGT aus der Cantina Valpolicella Negrar.